Rietz, VS
Bundesland: Tirol
Schule:
Name, Adresse, Email, Homepage | Volksschule Rietz Schulweg 4; 6421 Rietz |
Kontaktperson | VDin Johanna Egger VOL Alexandra Birkner-Neuner |
Schultyp, Klassenanzahl | Volksschule; 7 Klassen |
Lehrerzahl, Schülerzahl | 10 Lehrpersonen 100 SchülerInnen |
Besonderheiten unserer Schule | Alle Klassenräume befinden sich auf einer Ebene. Diese Ebene verfügt über einen sehr breiten Schulgang. Die Garderoben sind einen Stock tiefer. Auch diese Räumlichkeiten können zum Lernen genutzt werden. Wir verfügen über ein sehr großes Angebot an bewegungsfreundlichen Lernmaterialien, die vielfältig genutzt werden. |
Entwicklung:
Warum haben wir uns auf den Weg zu einer Bewegten Schule gemacht?
Vor ca. 15 Jahren besuchten wir einen Vortrag von Manfred Wimmer in Innsbruck. Dieser und die Schilderungen der VS Pram machten uns Mut, einen neuen Weg einzuschlagen. Bei uns an der Schule fand gerade ein Wechsel in der Leitung statt. Die neue Direktorin, Frau Johanna Egger, war von der Idee der Bewegten Schule begeistert und überzeugt und so begann sie sofort mit der Umsetzung der ersten Schritte in Richtung Bewegte Schule. (Näheres siehe Kurzbeschreibung der Entwicklung)
Im Rahmen der Schulmanagementausbildung schrieb Frau Egger im Team mit einer anderen Kollegin eine Arbeit über die Bewegte Schule und vertiefte somit auch ihr theoretisches Wissen auf diesem Gebiet. Unsere Direktorin besuchte (und besucht noch immer) viele verschiedene Seminare zum Thema (unter anderem auch in Linz).
Was waren die ersten Schritte?
Wir begannen mit der Einführung der bewegten Pause. Das Land Tirol förderte damals den Ankauf von Pausengeräten (Pedalos, Moonhopper, Springschnüre). Die Kinder nahmen das Angebot gerne an und bald schon konnten wir positive Auswirkungen spüren (siehe Kurzbeschreibung der Entwicklung). Langsam begannen wir auch immer mehr Bewegung in unseren Unterricht zu bringen, die Klassentüren zu öffnen und das gesamte Schulhaus als Lernort zu sehen. Nun werden die Pausengeräte den ganzen Vormittag genützt, da sie sich auch besonders gut zum Bewegten Lernen eignen.
Bald veränderten wir die Pausenzeiten. Wir haben zwischen erster und zweiter Stunde keine 5 min Pause. Nach der zweiten Stunde haben wir eine 10minütige Esspause, nach der dritten Stunde eine 20 minütige Bewegungspause und eine 5 min Pause zwischen 4. und 5. Stunde.
Auch die Aufteilung des Vormittags in einzelne Unterrichtsstunden haben wir aufgelassen. Da wir das Klassenlehrerkonzept haben, finden Unterricht und Bewegung im ständigen Wechsel statt – immer wenn wir merken, dass die Kinder nicht mehr konzentriert arbeiten, bauen wir eine Bewegungspause ein.
Wobei auch dies immer seltener vorkommt, da wir jetzt den gesamten Unterricht bewegt gestalten. Die Lehrer sind dazu eingehalten täglich mindestens eine Einheit von Bewegtem Lernen einzubauen. Dies weisen wir in der Planung farbig aus. Planungen von besonders gelungenen Stunden legen die entsprechenden Lehrpersonen im Konferenzzimmer für alle zur freien Entnahme auf. Wir bemerkten auch Verbesserungen in den Schulleistungen bei Kindern, die sich während bestimmter Arbeiten bewegten. Deshalb bauen wir das bewegte Lernen immer weiter aus.
Kurzbeschreibung der Entwicklung (Erfolge, Hindernisse, Stolpersteine)
Unsere VDin Frau Egger Johanna beschreibt die Entwicklung unserer Schule so: „Aufgrund eines Impulsreferates von Manfred Wimmer im Herbst 2000 in den Innsbrucker Stadtsälen wurde ich für die Thematik „ Bewegte Schule“ sensibilisiert. Damals übernahm ich die Schulleitung und das Bauchgefühl sagte mir: „In diese Richtung soll sich unsere Dorfschule entwickeln.“ Gesagt – Getan: In einem zweitägigen Seminar überzeugte Herr Manfred Wimmer das Lehrpersonal von dieser Idee. Zu Beginn stand die „ Bewegte Pause“ im Mittelpunkt. Wir probierten die verschiedensten Pausengeräte aus, theoretische Hintergründe wurden uns nähergebracht. Die Eltern wurden im Rahmen eines Elternabends über das Thema Bewegte Pause informiert und die Bedeutung für die kindliche Entwicklung und das Lernen wurde erklärt. Mit dem Projekt „Bewegte Pause“ wurde bereits im März 2001 begonnen. Wir konnten und können Folgendes beobachten: Die durch freiwillige Bewegungsaktivitäten geförderten Fähigkeiten und Fertigkeiten schaffen nicht nur Freude und Erfolgserlebnisse, sondern bringen auch aktive Sicherheit im Freizeitverhalten und in Situationen des Alltags. Weiters erfordern Bewegungsangebote immer wieder partnerschaftliches und soziales Handeln. Sie schaffen ein Miteinander, aber auch das Einhalten von Regeln wird von den Schülern täglich geübt. Das Aggressionspotential der Kinder hat sich aufgrund dieser Pausensituation deutlich gesenkt. Da ich im Dorf wohne, erlebte ich mit Freude auch die „Wiedergeburt“ von Stelzen (von Opas angefertigt), Gummmitwistspielen und weiteren alten Kinderspielen. Durchwegs positives Echo bekamen wir auch von den Eltern. In den laufenden Jahren wurde das Angebot für die Bewegte Pause ständig erweitert. Der Ablauf unterliegt einer immerwährenden Evaluation und wird immer wieder den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Neueste Errungenschaft ist eine kleine Kletterwand in der Pausenhalle, die von den Kindern eifrig genützt – und manchmal auch zweckentfremdet - wird. Durch das große Materialangebot fand auch ein Umdenken im Lehrerkollegium statt.
Aus der Bewegten Pause entwickelte sich der Schritt zum Bewegten Unterricht.
Unser Ziel ist es Unterricht lebendig, lustbetont und effektiv zu gestalten – im Rahmen des Bewegten Unterrichts ist es realisierbar.
Die Unterrichtsqualität wird mit Elementen des Bewegten Lernen wesentlich gesteigert – sowohl für Schüler als auch für Lehrer.
Insgesamt bin froh, dass ich vor 12 Jahren auf mein Bauchgefühl gehört habe und sich so unsere Schule in ein „bewegtes Haus“ für Kinder entwickelt hat!“
Durch die vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten brauchten die Kinder jedoch in der Pause auch mehr Platz. Somit war eine Neuordnung der Pausenregelung notwendig. Derzeit trennen wir in der Pause GS I und GS II und jetzt hat jedes Kind genug Platz und die Pausengeräte werden so wirklich von allen genutzt.
Besonders im Schulhof muss unser Raumangebot nun adaptiert werden. Viele Ideen können wir jedoch nicht umsetzen, da uns sowohl die Erlaubnis als auch die finanziellen Mittel durch den Schulerhalter fehlen. Wir hoffen jedoch auf einen positiven Ausgang dieser Situation nach dem Umbau unseres Turnsaales.
An unserer Schule unterrichten derzeit 10 Lehrpersonen. Nicht jede Lehrperson ist gleich motiviert. Deshalb versuchen wir in den pädagogischen und SQA Konferenzen die Bedeutung von Bewegung jedes Mal wieder ins Bewusstsein zu bringen. Es ist auch auffällig, dass nach diesen „Besprechungen“ die Bewegung im Unterricht immer wieder steigt. Wir sehen darin die Bestätigung dieses Weges. Unsere Konferenzen helfen, dass wir alle an einem Strang ziehen.
Ist-Stand:
Unterrichtsqualität:
- Mindestens 1 Bewegungseinheit beim Lernen pro Tag – dies wird auch farbig in den Planungen markiert – so vergisst man es nicht!
- Nutzung der Pausengeräte auch als Lerngeräte
- Lernparcours mit vielfältigem Bewegungsangebot fix installiert
- Besonders gelungene Stundenplanungen mit Bewegung werden für alle zugänglich aufgelegt – zur freien Verfügung
- Eine Lehrperson der Schule hat die Ausbildung als Multiplikatorin der Bewegten Schule und hält auch Fortbildungen auf diesem Gebiet – somit ist unsere Schule hier immer am Puls der Zeit
- Durch die Vermischung der Schulstufen im Lernort Gang wird das soziale Lernen und das Peerlearning sehr gefördert – ältere Kinder helfen automatisch jüngeren
- Wir bemühen uns um offene Unterrichtsformen. Auch hier achten wir darauf, dass täglich mindestens eine Einheit offen ist. Die Kinder suchen sich hier ihre Arbeiten selbst aus, die Organisationsform ist frei wählbar und der Lernort. Aus unserer Erfahrung haben die Kinder hier zwei Vorlieben: eine Gruppe sucht immer Bewegungsintensive Übungssformen, die anderen Rückzugsorte, an denen sie ungestört arbeiten können.
- Wir achten auch darauf, dass die Kinder den Umgang mit den Pausengeräte erlernen. Dies wird immer in den ersten Sportstunden geübt. Aber auch bei Lernstationen werden die Pausengeräte eingebaut, damit die Kinder sich verbessern (z.B. Laufdiktat mit Pedalo fahren oder Hüpfball hüpfen; Rechnungen und Ergebnis zusammenfinden – aber die Rechnungen hängen an einem Seil über der Kletterwand und die Ergebnisse müssen mit einer Wäscheklammer angehängt werden)
- Die Kinder haben zwar Sitzplätze, dürfen beim Arbeiten aber jederzeit auch an anderen Plätzen arbeiten (einige liegen gerne am Boden, sehr viele stehen gerne am Wackelbrett und schreiben ins Heft, das am Fensterbrett liegt).
Steuern/Organisieren:
- Regelmäßige Fortbildungen
- Hospitieren in anderen Schulen (österreichweit und sogar im benachbarten Ausland)
- SQA Thema: Bewegtes Lernen – Schulraumgestaltung
- Regelmäßige Konferenzen zum Thema Bewegte Schule
- Pausenaufsicht ist so geregelt, dass immer nur 2 Lehrpersonen Aufsicht haben und die anderen sich im Konferenzzimmer treffen – hier haben die Gesprächsthemen nur selten einen Schulbezug, da wir ein eingeschworenes Team sind, das auch Privatthemen miteinander bespricht. Wir achten aber immer auf gute Laune im Konferenzzimmer.
- Durch das gute Schulklima ist auch der Austausch unter den Lehrpersonen sehr gut. Wir besprechen pädagogische Schwierigkeiten immer miteinander (oft auch in Kleingruppen – es müssen nicht immer alle involviert sein). Dadurch werden auch gute Ideen sehr schnell weiter transportiert.
- Wenn ein Lehrer für seine Schüler einen Lernparcours mit Bewegungsstationen aufbaut, bleibt dieser den ganzen Vormittag stehen und kann von allen Kindern genützt werden.
- Wenn Kinder im Gang arbeiten, ist dort auch eine Lehrperson. Die Kinder wissen, dass jede Lehrperson eine Ansprechpartnerin ist. Im Gang ist also jeder Lehrer für jedes Kind zuständig. Dies wird sowohl von den Kindern als auch von den Lehrpersonen als angenehm empfunden. So ist man nicht immer ein Einzelkämpfer.
- Wir arbeiten im Sportbereich auch mit den Vereinen im Dorf zusammen. Dies sehen wir als starke Bereicherung.
- Die Kulturvereine unterstützen unsere Schule immer wieder mit Spendengelder, die wir für Bewegtes Lernen einsetzen.
Lern- und Lebensraum:
- Wir haben neue Stühle (wippende Stühle) und Einzeltische mit Rädern angeschafft, damit der Klassenraum schnell und einfach umgestaltet werden kann
- Im Gang haben wir Nieschen gestaltet, die die Kinder als ruhigen Lernort nützen können
- Wir haben Sitzsäcke und Sofas als Rückzugsorte
- Intensive Nutzung des Ganges als Lernort – hier befindet sich auch immer ein Bewegungsparcours mit Lernaufgaben
- Der Weg zur Toilette ist gespickt mit Bewegungsangeboten, die die Kinder intensiv nutzen
- Einbeziehung der ganzen Schule als Lernort
- Bewegungsfreundliche Klassenraumgestaltung
- Bewusste Auswahl neu angekaufter Lehrmittel mit Schwerpunkt Bewegen/gehirngerechtes Lernen (Tastaturteppich; Riesentausenderkette; 30-Feld in riesengroß; sehr großer Tirolteppich, usw.)
- Pausenregeln und Verhaltensregeln für das Lernen außerhalb der Klasse wurden mit allen Lehrpersonen und den Schülern vereinbart. Es wird streng auf die Einhaltung dieser Regeln zum Wohle aller geachtet.
- Jedes Kind hat eine Wassertrinkflasche, aus der es jederzeit trinken darf. Die Lehrer achten darauf, dass die Kinder genügend trinken. Die Kinder werden durch spezielle ErnährungsberaterInnen geschult.
- Einmal im Monat findet unsere gesunde Jause statt. Diese wird von den Schülern selbst zubereitet.
- Die Kinder der dritten Klasse haben die Möglichkeit, an der Unverbindlichen Übung Gesunde Ernährung teilzunehmen und einen Ernährungsführerschein zu machen. Zwei unserer Lehrerinnen haben hierfür eine eigene Ausbildung absolviert.
Ausblick:
Nächste Schritte:
In unserer Halle ist es in der Pause noch recht laut. Wir haben zwar schon ein Verbesserung durch Vorhänge, Sofas und Sitzsäcke geschaffen, wollen jedoch noch eine bessere Lärmdämmung erzielen. Hierzu werden wir in nächster Zeit (nach dem Umbau) Lärmmessungen vornehmen und uns von Experten beraten lassen.
Sobald wir unseren neuen Turnsaal haben, werden wir diesen auch intensiv als Lernraum nützen. Eine Idee ist auch, die Kinder vor dem Unterricht immer kurz im Turnsaal laufen zu lassen, damit ihr Gehirn „aufwacht“. An den Turnsaal wird auch ein Boulderraum angebaut, der so geplant ist, dass er für unseren Lernparcours genutzt werden kann. Somit haben wir sogar wenn der Turnsaal besetzt ist, die Möglichkeit einen bewegungsfreundlichen Lernraum zu nützen. Und nach dem Umbau erhalten wir auch noch weitere Räumen, von denen wir einen ev. als fixen Lern-Bewegungsraum umgestalten wollen. Hier wäre dann also ein Bewegungsparcours aufgebaut, in den Lernstationen eingebunden werden können.
Bei unserem Lehrmittelkauf achten wir darauf, dass wir Lernmaterialien einkaufen, die die Bewegung fördern (z.B. Lernteppich, großflächige Hunderterfelder, lange Tausenderketten). Bei der Arbeit mit diesen Materialien bewegen sich die Kinder sehr viel und das Lernen macht noch mehr Spaß.
Ein heikler Punkt in unserer Schule ist das Konferenzzimmer. Es ist für weniger Lehrpersonen geplant. Hier suchen wir noch nach Möglichkeiten, es als Rückzugs- und Arbeitsraum für die Lehrpersonen zu gestalten.
Es ist uns auch sehr wichtig, dass unseren Lehrpersonen die Bedeutung von Bewegung für das Gehirn und das Lernen bewusst ist. Hier wollen wir weiter sehr intensiv arbeiten. Wir werden also die pädagogischen und SQA Konferenzen auch weiterhin unter diese Themen stellen. Durch die Lehrpersonen soll diese Bedeutung auch den Eltern bewusst gemacht werden. Bei den folgenden Elternabenden sollen die Eltern über den Zusammenhang Bewegung und Gehirn aufgeklärt werden und wir hoffen, dass wir die Eltern auch für die Lernsituationen zu Hause von der Bewegungsidee überzeugen und begeistern können. Denn wir glauben fest daran, dass sich die Leistung unserer Schüler durch Bewegung verbessert.
Vision:
Wir wollen, dass die uns anvertrauten Kinder durch bewegtes Lernen leichter lernen, besser gefördert werden und Spaß am Lernen haben. Unsere Schulatmosphäre soll vom bewegten Lernen getragen werden. Die Kinder sollen auch ein Gespür dafür entwickeln, wann sie Bewegung benötigen (gelingt einigen schon) und in diesem Moment auch die Möglichkeit haben, diesem Drang nachzugehen. Für die Lehrpersonen ist uns sehr wichtig, dass wir nicht nur bewegt und bewegend unterrichten sondern auch bewegt denken und Bewegung in unser Denken kommt. So sehen wir für uns eine Schule des gegenseitigen, bewegten Miteinanders als großes Ziel.
Tipps für andere:
Habt Mut, Neues auszuprobieren!
Macht euch auf den Weg!
Beginnt mit kleinen Schritten!
Gebt den Kindern Zeit für die Umstellung!
Gebt auch den Lehrpersonen Zeit sich darauf einzustellen!
Aufgrund einer Umbauphase (neuer Turnsaal und Bewegungsraum) ist es uns derzeit leider nur sehr schwer möglich, KollegInnen zur Hospitation einzuladen. Wer Fragen hat, kann sich jedoch gerne jederzeit bei uns melden.